
Der digitale Wahlkampf: Ein Blick hinter die Kulissen des Social Media Erfolgs von Linkspartei & Co.
Die Bundestagswahl 2025 brachte einige Überraschungen, und die Linke gehörte zu den großen Gewinnern. Mit einem Wahlergebnis von 8,8 Prozent schaffte die Partei den Sprung in das neue Parlament – ein Erfolg, der vor wenigen Wochen noch kaum für möglich gehalten worden wäre. Der Aufschwung der Linken wurde maßgeblich durch ihre verstärkte Präsenz in den sozialen Medien begünstigt. Doch hinter dem scheinbar zufälligen Erfolg steckt eine gut geplante Strategie, bei der die Agentur Berliner Botschaften eine zentrale Rolle spielte.
Erfolgsfaktor Social Media: Die Rolle von Berliner Botschaften
Die Linke setzte in ihrem Wahlkampf verstärkt auf digitale Kommunikation und verbesserte ihre Social-Media-Strategie erheblich. Ein bedeutender Teil dieses Erfolges war die Zusammenarbeit mit der PR-Agentur Berliner Botschaften. Diese ist in der politischen Kommunikation bislang eher unbekannt, hat jedoch maßgeblich dazu beigetragen, die Partei ins Rampenlicht zu rücken. Die Agentur ist vor allem in den Bereichen Umwelt- und CSR-Kommunikation tätig und arbeitet häufig mit Verbänden und NGOs zusammen. Als Referenzen finden sich unter anderem die Gewerkschaft ver.di, Oxfam und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Ihre erste politische Kundin war die Grüne Jugend, nun kam die Linke hinzu.
Ein wichtiger Aspekt des Erfolges war die Verdopplung des Budgets für Social Media im Vergleich zur Bundestagswahl 2021. Rund 700.000 Euro wurden allein in Online-Kommunikation investiert – drei Mal so viel wie im Vorwahlkampf 2021. Die verstärkte Nutzung von TikTok, Instagram und anderen Plattformen trug maßgeblich dazu bei, die Sichtbarkeit der Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek zu steigern. Ihre Rede gegen eine gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD im Bundestag wurde Ende Januar auf TikTok viral und brachte der Linken enorme Aufmerksamkeit, insbesondere auf Instagram, wo Reichinnek in nur einer Woche rund 400.000 neue Follower gewann.
Microtargeting im Wahlkampf: Daten als Schlüssel zur gezielten Ansprache
Ein weiteres entscheidendes Element der Social Media Kampagne war der Einsatz von Microtargeting. Diese Werbestrategie erlaubt es, personalisierte Werbung an sehr spezifische Zielgruppen auszuspielen, basierend auf deren persönlichen Daten und Online-Verhalten. Facebook, Instagram und Google bieten Parteien die Möglichkeit, Werbeanzeigen genau auf bestimmte Interessen oder demografische Merkmale auszurichten. Die Linke setzte diese Technologie gezielt ein, um unentschlossene Wähler anzusprechen.
Die Nutzung von Microtargeting ist mittlerweile weit verbreitet und wird auch von anderen Parteien verwendet. Die SPD, die Grünen und die FDP gaben Millionen von Euro für Social-Media-Werbung aus, während die Linke im Vergleich deutlich weniger investierte. Dennoch trugen auch ihre gezielt platzierten Anzeigen dazu bei, die öffentliche Wahrnehmung der Partei zu stärken. Dabei griffen die Linken nicht nur auf traditionelle soziale Medien zurück, sondern fokussierten sich auch auf die Ansprache spezifischer Wählergruppen, wie etwa jüngere und progressiv orientierte Menschen, die sie durch reichweitenstarke Plattformen wie Instagram und TikTok ansprachen.
Datenschutz und politische Werbung: Ein Problem für die Demokratie?
Die Frage, ob Microtargeting in der politischen Werbung problematisch ist, beschäftigt nicht nur Datenschützer. Die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schränkt die Nutzung sensibler Daten ein, die etwa politische Meinungen, religiöse Zugehörigkeiten oder sexuelle Identität umfassen. In der Praxis greifen Parteien jedoch oft auf Daten zurück, die auf den sozialen Netzwerken gesammelt werden, um ihre Zielgruppen immer genauer anzusprechen.
Kritiker sehen darin eine Gefahr für die Demokratie. Denn Microtargeting erlaubt es nicht nur, bestimmte Wähler gezielt zu beeinflussen, sondern auch, widersprüchliche Botschaften zu verbreiten. Ein Beispiel aus dem Wahlkampf 2021 zeigt, wie die FDP gezielt Werbung für unterschiedliche Zielgruppen schaltete, die sich inhaltlich widersprach. Für einige Menschen, die als umweltbewusst gelten, zeigte die Partei Werbung, die den Klimaschutz förderte, während für andere, die als Vielreisende angesprochen wurden, die Botschaft mehr Freiheiten bei der Nutzung von Flugreisen betonte.
Obwohl viele Parteien das Microtargeting öffentlich ablehnen und sich auf ein sogenanntes Fairness-Abkommen zur Bundestagswahl 2025 verständigt haben, bei dem keine sensiblen Daten genutzt werden sollen, bleibt die Frage, wie effektiv solche Selbstverpflichtungen tatsächlich sind. Datenschützer warnen weiterhin vor den Risiken, die diese Art von Wahlwerbung für die Privatsphäre und die demokratische Meinungsbildung mit sich bringt.
Fazit: Eine Mischung aus cleverem Marketing und ethischen Bedenken
Der Erfolg der Linken in den sozialen Medien zeigt, wie wichtig die digitale Kommunikation im heutigen Wahlkampf geworden ist. Die gezielte Ansprache der Wähler über Social Media, unterstützt durch eine spezialisierte Agentur und ein erhöhtes Budget, trug entscheidend zum Wahlerfolg bei. Allerdings wirft der Einsatz von Microtargeting und die Nutzung von persönlichen Daten für politische Werbung auch immer wieder ethische und datenschutzrechtliche Fragen auf. In Zukunft wird es entscheidend sein, wie Parteien die Balance zwischen wirksamer Ansprache und dem Schutz individueller Rechte wahren können.