Erzwungene Entscheidungen, langanhaltende Folgen – Was Frauen nach Abtreibungen wirklich empfinden

Erzwungene Entscheidungen, langanhaltende Folgen – Was Frauen nach Abtreibungen wirklich empfinden

Eine neue, repräsentative Studie des Elliot Institute unter der Leitung von Dr. David Reardon stellt gängige Behauptungen über die emotionalen Reaktionen nach Abtreibungen in Frage. Die Ergebnisse basieren auf einer landesweiten, anonymisierten Befragung von knapp 2.000 US-Amerikanerinnen im Alter von 41 bis 45 Jahren – einer Altersgruppe, in der Erfahrungen mit Schwangerschaftsabbrüchen rückblickend eingeordnet werden können.

Erleichterung selten – Trauer, Schuld und Bedauern dominieren

Entgegen der oft wiederholten Aussage, über 95 % der Betroffenen würden nach einer Abtreibung hauptsächlich Erleichterung empfinden, zeigt die Studie ein anderes Bild:

Nur etwa 30 % der Befragten gaben an, dass ihre Abtreibung im Einklang mit den eigenen Werten und Überzeugungen stand – und nur in dieser Gruppe war Erleichterung ein häufig genanntes Gefühl.

In allen anderen Fällen – das betrifft etwa 70 % – wurden negative Emotionen deutlich häufiger genannt. Dazu gehören Trauer, Schuld, Scham, Angst und Bedauern. Besonders auffällig ist: Je stärker der wahrgenommene äußere Druck war, desto intensiver fielen die negativen Reaktionen aus.

Hohe Zahl an unfreiwilligen oder erzwungenen Abbrüchen

Fast 70 % der Befragten gaben an, sich bei der Entscheidung zur Abtreibung durch äußere Umstände oder andere Personen beeinflusst gefühlt zu haben.

Rund 13 % sprachen sogar explizit von einem "erzwungenen" Schwangerschaftsabbruch – also einem Eingriff, der gegen den eigenen Willen oder unter massivem Druck stattgefunden habe.

Diese Gruppe berichtete von den stärksten und dauerhaftesten psychischen Belastungen – teilweise auch noch Jahrzehnte später.

Die Studie vergleicht auch die psychischen Reaktionen nach einer Abtreibung mit denen nach einer Fehlgeburt oder einem natürlichen Schwangerschaftsverlust.

Während Trauer in beiden Gruppen ähnlich stark ausgeprägt war, wiesen Abtreibungsbetroffene deutlich häufiger auf Schuld- und Schamgefühle hin. Auch langfristige depressive Symptome wurden in dieser Gruppe häufiger genannt.

Die verbreitete Annahme, Erleichterung sei die vorherrschende Reaktion nach einer Abtreibung, basiert hauptsächlich auf zwei älteren Studien mit kleinen, nicht repräsentativen Stichproben.

Diese wurden direkt in Abtreibungskliniken durchgeführt, wo die Teilnahmequote nur etwa 30 % betrug. Laut Reardon verzerren solche Untersuchungen das Bild erheblich, da vor allem Frauen mit negativen Gefühlen eher die Teilnahme ablehnen oder vorzeitig abbrechen.

Die neue Studie wurde dagegen anonym und ohne Vorabinformation über das Thema durchgeführt – eine Methode, die eine deutlich höhere Offenheit bei sensiblen Themen wie Abtreibung ermöglicht.

Die Abtreibungsrate unter den Befragten lag mit 21,2 % sehr nah an den offiziellen Zahlen des Guttmacher-Instituts (23,7 %), was auf eine hohe Datenqualität schließen lässt.

Dr. Reardon fordert aufgrund der Studienergebnisse mehr Transparenz in der Aufklärung über mögliche emotionale Folgen von Abtreibungen.

Besonders wichtig sei, dass Personen mit inneren Konflikten, moralischen Zweifeln oder äußeren Zwängen keine voreiligen Entscheidungen treffen – denn das Risiko schwerwiegender Langzeitfolgen sei in diesen Fällen besonders hoch.

„Wenn jemand schon im Vorfeld Druck verspürt oder innerlich zerrissen ist, dann ist es nicht redlich, ihm zu sagen, Erleichterung sei die typische Reaktion nach einer Abtreibung“, so Reardon.
„In vielen Fällen hält das psychische Leid über Jahrzehnte an.“

Die vollständige Studie ist Teil der Unwanted Abortion Studies, finanziert vom Charlotte Lozier Institute. Die Daten stehen für unabhängige Analysen zur Verfügung und die Methodik ist offen einsehbar – ein bewusster Schritt in Richtung Transparenz.